Die Dokumentation der eigenen „Nachhaltigkeit“ lohnt sich ab 2023

Die Dokumentation der eigenen „Nachhaltigkeit“ lohnt sich ab 2023

01.12.2022

Die aktuell veröffentlichte 7. MaRisk-Novelle der BaFin (Banken Finanzaufsicht) ist für viele Mittelständler unbekannt und auf den ersten Blick nicht direkt relevant. Die MaRisk (Mindestanforderungen an das Risikomanagement) geben grundsätzlich vor, wie Kreditinstitute ihre Kreditvergabestandards zu organisieren und auszurichten haben. Die neuen Anpassungen zu regulatorischen Vorgaben verpflichten Banken ab 2023 dazu, ESG-Kriterien einzubeziehen. Diese unmittelbaren Anforderungen an die Kreditinstitute werden jedoch mittelbare Auswirkungen auch auf die kreditnehmenden Mittelständler haben.

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Kreditinstitute werden verpflichtet „ESG-Risiken“ in ihre Kreditvergabestandards zu integrieren

Unter ESG-Kriterien versteht man die nachhaltigkeitsbezogenen Verantwortungsbereiche von Unternehmen. Die Risikobewertung der Kreditgeber soll sich an der Frage orientieren, ob und inwieweit der Kreditnehmer zum Klimawandel beiträgt. Folglich müssen drei Bereiche unter der Berücksichtigung von mittel- und längerfristigen Entwicklungen systematisch analysiert werden:

  • „E“ wie Environment: Umweltaspekte wie Umweltverschmutzung oder -gefährdung, Treibhausgasemissionen oder Energieeffizienzthemen
  • „S“ wie Social: Soziale Themen wie Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz, Diversity oder gesellschaftliches Engagement
  • „G“ wie Governance: nachhaltige Unternehmensführung wie Unternehmenswerte oder Steuerungs- und Kontrollprozesse

Die Integration der ESG-Risiken in das Gesamtrisikoprofil und die Risikotragfähigkeitsbetrachtung wird Einzug in die Bonitätsbeurteilung von Kreditnehmern finden. Dabei sind Kreditinstitute gefordert, sowohl aus normativer als auch ökonomischer Perspektive die Zukunftsfähigkeit des Kreditnehmers zu beurteilen. Die Geschäftsmodellanalyse des Kreditnehmers mit Hilfe der Bilanz, G+V, Anhang, Lagebericht etc. ist zukünftig noch stärker auf die Zukunftsfähigkeit auszurichten. Mit ESG-Risiken verbundene bzw. mögliche Auswirkungen, sind bei der Festlegung der Kreditkonditionen zu beachten.

Das bedeutet, das Fehlen oder eine schlechte „Nachhaltigkeits-Bilanz“ werden ab 2023 die Kreditkonditionen deutlich verteuern oder die Kreditvergabe sogar unmöglich machen.

Jedes Kreditinstitut ist gefordert (und damit auch in der Folgewirkung der Kreditnehmer), relevante ESG-Daten vorzuhalten, um eine angemessene Beurteilung, Steuerung und Überwachung von Risiken inkl. ESG-Risiken jederzeit sicherzustellen.

Neben einer Bilanz, G+V, Lagebericht und Anhang werde Nachhaltigkeitsdaten und -Berichte für Kreditgespräche wesentlich

Kurz gefasst: Die bekannte Notwendigkeit der zur Verfügungstellung der Bonität mittels der wirtschaftlichen Daten einer G+V, etc. teilweise auf Monatsbasis, werden um die Nachhaltigkeitsdaten erweitert.

Zukunftsfähigkeit wird im Kontext von ökologischen, sozialen, digitalen und wirtschaftlichen Potenzialen und Risiken gestaltet.

Der Bericht des Sustainable-Finance-Beirat der Bundesregierung betont, dass der Erfolg und die Zukunftsfähigkeit unserer Volkswirtschaft auch auf dem nachhaltigen Handeln von Finanzmarktteilnehmern basiert. Die Finanzströme sollen in nachhaltige Investitionen und weg von klimaschädlichen Aktivitäten gelenkt werden.

Letztendlich hängt also die Zukunftsfähigkeit der Kreditinstitute von der Zukunftsfähigkeit der Wirtschaft und Kreditnehmer ab. Unter dem Begriff der „Zukunftsfähigkeit“ versteht man die Fähigkeit des Kreditnehmers mit Hilfe seines Geschäftsmodells unter den gegeben wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und gesetzlichen Rahmenbedingungen das Darlehen nebst Kreditzinsen zu vereinbartem Termin zurückzuzahlen. Das ist das Ziel und der Wunsch eines jeden Kreditgebers, wodurch die ESG-Kriterien ins Zentrum des Strategieprozesses und in den Fokus bei der Bewertung und Entscheidung von Krediten gelangen.

ESG-Nachhaltigkeitsdaten können nur mit Hilfe der Digitalisierung gemanagt werden

Die Beurteilung und Darstellung der Kreditrisiken– bei Kreditvergabe sowie turnusmäßigen oder anlass- bezogenen Beurteilungen – sind Auswirkungen von ESG-Risiken unter Berücksichtigung eines angemessen langen Zeitraums einzubeziehen. Dies kann durch Einbindung in Risikoklassifizierungsverfahren oder separat (z.B. ESG-Score) erfolgen.

Kreditnehmer können die Klassifizierung ihrer wirtschaftlichen Aktivitäten anhand der EU-Taxonomie einordnen. Können sie diese Daten bereits vorweisen, werden sie einen entscheidenden Vorteil bei der Kreditvergabe haben, aber auch gegenüber weiteren Stakeholdern.

Peter Lender
Peter Lender

Dr. Peter Lender ist geschäftsführender Gesellschafter der DIGUM GmbH.

Er ist DIN-ISO-zertifizierter Nachhaltigkeitsmanager und Entwickler des DigitalisierungsAudits sowie von zahlreichen Plattformen und Ökosystemen. Als zertifizierter Sanierungsberater (IFUS-Institut) ist er u.a. Mitbegründer der Geschäftsmodell-Werkstatt, sowie der DigitalisierungsAkademie. Zuvor befasste er sich mit dem Aufbau und der Positionierung von Kunden-Service und User Experience im Rahmen der Transformation von Geschäftsmodellen.

Er ist Autor von Fachbüchern und Herausgeber des T4Magazins. In Konstanz hat er hat Volkswirtschaft und in Kiel Agrarökonomie studiert und anschließend als Doktor der Agrarwissenschaften promoviert. Er ist außerdem Diplom Bankbetriebswirt (ADG).

DIGUM GmbH
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